Allgemeinverfügung der Stadt Cottbus/Chóśebuz zur ganztägigen Untersagung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs von Oberflächengewässern

Vollzug des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushaltes – Wasserhaushaltsgesetz (WHG) vom 31.07.2009 (BGBl.I 2009 S.2585) in der zurzeit gültigen Fassung i. V. m. dem Brandenburgischen Wassergesetz (BbgWG) vom 02.03.2012 (GVBl.I Nr.20) in der zurzeit gültigen Fassung .

Allgemeinverfügung der Stadt Cottbus/Chóśebuz
zur ganztägigen Untersagung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs
von Oberflächengewässern

Unter Aufhebung der Allgemeinverfügung zur befristeten Einschränkung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs und von wasserrechtlich erlaubten Entnahmen aus Oberflächengewässern vom 23.06.2025 verfügt der Oberbürgermeister der Stadt Cottbus/Chóśebuz als untere Wasserbehörde gemäß §§ 44, 45, 126 BbgWG i. V. m. § 26, 33, 100 WHG i. V. m. § 29 Abs. 2 BbgWG folgende Untersagung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs von Oberflächengewässern:

  1. Die Entnahme von Wasser aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtung wird ganztägig untersagt.
    Diese Allgemeinverfügung erstreckt sich über das Stadtgebiet Cottbus/Chóśebuz.
  2. Eine Ausnahme von den Einschränkungen nach Nummer 1 dieser Allgemeinverfügung kann die untere Wasserbehörde im Einzelfall auf Antrag erteilen, sofern eine Beeinträchtigung des Gewässerschutzes sowie des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten ist.
  3. Diese Allgemeinverfügung gilt bis auf Widerruf.
  4. Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wird angeordnet.
  5. Diese Allgemeinverfügung gilt am Tage nach der Bekanntmachung als bekannt gegeben.
  6. Diese Allgemeinverfügung tritt am Tage nach der Bekanntmachung in Kraft.

Begründung

I. Sachverhalt

Der natürliche Wasserhaushalt leidet immer noch unter den Folgen der Trockenheit der Vorjahre und die sich fortsetzende Trockenheit in Verbindung mit hochsommerlichen Temperaturen verschärfen die wasserwirtschaftliche Situation zunehmend. Die aktuell hohen Temperaturen und die zu geringen bzw. fehlenden Niederschlagsmengen haben das Wasserdargebot im Einzugsgebiet der Spree weiter zurückgehen lassen. Aufgrund ausbleibender Niederschläge und anhaltend hoher Temperaturen liegt der Abfluss der Spree am Pegel Leibsch seit dem 19.06.2025 dauerhaft unter dem kritischen Wert von 2,5 m³/s (siehe: https://pegelportal.brandenburg.de/start.php). Um den Mindestabfluss zu stabilisieren, wurden die Wasserabgaben aus den sächsischen Speichern sowie der Talsperre Spremberg bereits erhöht. Eine weitere Erhöhung ist jedoch nicht möglich, da das Wasserkontingent zur Niedrigwasseraufhöhung aus den Speichern für den Monat Juni seit dem 23.06.2025 aufgebraucht ist.

Das Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU) hat im Rahmen seines Bewirtschaftungsermessens bereits veranlasst Ableitungen aus der Spree u. a. in die Gräben im Cottbuser Stadtgebiet zu drosseln, um eine Mindestwasserführung in der Spree zu gewährleisten. So erfolgten entsprechend Phase 2 des Niedrigwasserkonzeptes für das mittlere Spreegebiet (Stand 29.09.2021) weitere Ausleitreduzierungen in Nebengewässern der Spree.
Mit dieser Situation sind negative Auswirkungen insbesondere auf den Wasserhaushalt und auf den Zustand der wasserabhängigen Ökosysteme verbunden. Eine Verbesserung der meteorologisch-hydrologischen Situation ist vorerst nicht abzusehen, da die Prognosen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) gegenwärtig gleichbleibend hohe Temperaturen bei geringen Niederschlagsmengen vorhersagen.
Um einen weiteren Rückgang der Wasserführung entgegenzuwirken, ist als weitere Maßnahme entsprechend des Niedrigwasserkonzeptes die ganztägige Untersagung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs von Oberflächengewässern erforderlich. Das bedeutet: Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Nutzungsberechtigte von Grundstücken, die direkt an ein Oberflächengewässer im Stadtgebiet grenzen, dürfen vorübergehend weder tagsüber noch nachts Wasser entnehmen – es sei denn, sie besitzen hierzu eine gültige wasserrechtliche Erlaubnis bzw. eine gültige Ausnahmegenehmigung.

    II. Rechtliche Gründe

    Gemäß § 124 Abs. 2 BbgWG ist die kreisfreie Stadt Cottbus/Chóśebuz untere Wasserbehörde und als solche gemäß § 126 Abs. 1 BbgWG für den Vollzug des Brandenburgischen Wassergesetzes zuständig. Nach § 100 WHG ist es Aufgabe der Gewässeraufsicht, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen. Die zuständige Behörde ordnet nach pflichtgemäßem Ermessen Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen.
    Gemäß § 26 Abs. 2 WHG dürfen in den Grenzen des Eigentümer- und Anliegergebrauchs Eigentümer und Anlieger der an oberirdische Gewässer grenzenden Grundstücke Gewässer ohne Erlaubnis und Bewilligung benutzen, wenn dadurch andere nicht beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit, keine Verminderung der Wasserführung sowie keine andere Beeinträchtigung des Wasserhaushalts zu erwarten sind. Nach § 45 BbgWG gelten § 43 Abs. 2 und § 44 BbgWG sinngemäß.

    Gemäß § 44 BbgWG kann die Wasserbehörde im Einzelfall oder durch Allgemeinverfügung die Ausübung eines Teilbereiches des Gemeingebrauches oder den Gemeingebrauch insgesamt regeln, beschränken oder verbieten, um
    a. die Eigenschaften und den Zustand der Gewässer einschließlich des Gewässerbodens und der Ufer vor nachteiligen Veränderungen zu schützen,

    b. zu gewährleisten, dass die Bewirtschaftungsziele und die Vorgaben des Maßnahmeprogramms erreicht werden,
    c. Natur und Landschaft zu schützen, zu pflegen und zu entwickeln,

    d. Beeinträchtigungen, Belästigungen und Gefahren für die Allgemeinheit oder für Einzelne zu verhindern.
    Die Wasserbehörde kann daher Anordnungen über die Ausübung des Gemein- sowie Eigentümer- und Anliegergebrauchs an oberirdischen Gewässern treffen, um den Wasserhaushalt gegen nachteilige Veränderungen der Eigenschaften des Wassers oder eine wesentliche Veränderung der Wasserführung zu schützen.

    Zu 1.
    Durch das dauerhafte Absinken des Wasserdargebots in den Oberflächengewässern im Spreegebiet sind sowohl die Wasserqualität als auch die Lebewesen in diesen Gewässern gefährdet. Die Oberflächengewässer müssen vor jeder vermeidbaren weiteren Beeinträchtigung geschützt werden. Deshalb ist dafür zu sorgen, dass Wasserentnahmen, die den Abfluss der Fließgewässer verringern können, eingeschränkt bzw. unterbunden werden. In Kombination mit weiteren Maßnahmen des Niedrigwassermanagements ist die Untersagung des Anliegergebrauchs erforderlich. Die Entnahme von Wasser aus Oberflächengewässern zu untersagen ist ein geeignetes Mittel, um einer weiteren Verminderung der Wasserführung entgegenzuwirken.
    Nach § 33 WHG ist das Aufstauen eines oberirdischen Gewässers oder das Entnehmen oder das Ableiten von Wasser aus einem oberirdischen Gewässer nur zulässig, wenn die Abflussmenge erhalten bleibt, die für das Gewässer und andere hiermit verbundenen Gewässer erforderlich ist, um den Zielen des § 6 Abs. 1 WHG und der §§ 27-31 WHG entsprechen (Mindestwasserführung).
    Die Mindestwasserführung ist bei Aufrechterhaltung der (eingeschränkten) Entnahmemöglichkeiten nicht mehr gewährleistet. Um einer weiteren Verminderung des Wasserstandes bzw. der Wasserführung und einer Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit entgegen zu wirken ist es erforderlich, das Entnehmen von Wasser aus Oberflächengewässern zu untersagen.
    Durch diese Allgemeinverfügung wird den Anliegern die Wasserentnahme aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtung ganztägig untersagt. Die Entnahme ist somit weder tagsüber noch nachts gestattet.
    Bereits mit der Allgemeinverfügung vom 23.06.2025 wurde die Wasserentnahme im Rahmen des Eigentümer- und Anliegergebrauchs auf die Zeit zwischen 8:00 und 20:00 Uhr beschränkt. Da sich die Abflüsse jedoch weiter verringert haben und sich die Gesamtsituation nicht verbessert hat, ist nun ein ganztägiges Entnahmeverbot notwendig. Damit soll einer zusätzlichen Belastung der Gewässer vorgebeugt und die Beeinträchtigung von Tieren und Pflanzen möglichst geringgehalten werden.
    Die Maßnahme folgt der im Niedrigwasserkonzept vom 29.09.2021 abgestimmten Vorgehensweise zur Wasserbewirtschaftung bei Niedrigwasser im Flussgebiet der mittleren Spree. Sie ist dazu geeignet, ein weiteres Absinken der Wasserstände zu begrenzen und zusätzlichen Beeinträchtigungen der Gewässerökosysteme vorzubeugen. Zudem ist sie erforderlich, da alle anderen verfügbaren Bewirtschaftungsmaßnahmen zur Bewältigung der aktuellen Niedrigwassersituation bereits vollständig ausgeschöpft werden und keine weniger belastende Alternative mehr besteht.
    Angesichts der derzeit niedrigen Wasserstände überwiegt das öffentliche Interesse an der Erhaltung der gewässerökologischen Funktionen deutlich gegenüber den privaten Interessen an einer uneingeschränkten Wasserentnahme. Ohne das Verbot könnten die bereits bestehenden Belastungen für den Wasserhaushalt in den Gewässern weiter zunehmen. Aus diesem Grund muss das Interesse an einer uneingeschränkten Gewässerbenutzung im Rahmen des Eigentümer- und Anliegergebrauchs in der aktuellen Situation hinter dem Gewässerschutz zurückstehen und ist somit angemessen.

    Zu 2.
    Es besteht die Möglichkeit, in begründeten Einzelfällen eine Ausnahme von den Regelungen der Allgemeinverfügung bei der unteren Wasserbehörde zu beantragen. Etwa wenn durch die Einschränkungen dieser Allgemeinverfügung eine unbillige Härte entstehen sollte. Die untere Wasserbehörde prüft dann für den Einzelfall, ob unter Vereinbarkeit mit den Anforderungen der Gewässerbewirtschaftung und dem Schutz der aquatischen Ökosysteme sowie des Wohls der Allgemeinheit eine Ausnahme zulässig wäre.

    Zu 3.
    Die Allgemeinverfügung ergeht gemäß § 36 Abs. 2 Nr.3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.01.2003 (BGBl.I S.102) in der derzeit gültigen Fassung und gilt bis auf Widerruf.

    Zu 4.
    Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) vom 19.03.1991 (BGBl.I S.686) in der derzeit gültigen Fassung erforderlich, um zu verhindern, dass durch die Einlegung von Rechtsmitteln Wasserentnahmen mittels Pumpvorrichtungen während der Tageszeit im Rahmen des Anliegergebrauchs fortgesetzt werden und sich dadurch die Niedrigwassersituation weiter verschärft. Dies hätte nachteilige Wirkungen auf den Wasserhaushalt, Natur, Landschaft und die Interessen der Unterlieger zur Folge. Von besonderem Interesse sind hier der Schutz des Ökosystems (Spree) und die Nutzungsansprüche der Unterlieger (Trinkwasserversorgung von Frankfurt/Oder und Berlin), welche dem privaten Interesse von Anliegern und Eigentümern überwiegen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liegt daher im öffentlichen Interesse.

    Zu 5.
    Aufgrund der Dringlichkeit der Entscheidung wird auf der Grundlage von § 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG bestimmt, dass die Allgemeinverfügung bereits am Tag nach ihrer Bekanntmachung bekannt gegeben ist. Dies ist erforderlich, weil die Einhaltung einer gewöhnlichen Bekanntmachungsfrist von zwei Wochen den unmittelbaren und effektiven Schutz der Wasserreserven und Gewässerökosysteme unnötig verzögern würde.

    Zu 6.
    Gemäß § 43 Satz 1 VwVfG wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, indem er ihm bekannt gegeben wird. Die Anordnung des in Kraft Tretens der Allgemeinverfügung mit dem Tag, ab dem sie bekannt gegeben ist – entsprechend Punkt 5 am Tag nach der Bekanntmachung – ist daher geeignet, erforderlich und angemessen.

    Hinweise

    1. Der Gemeingebrauch oberirdischer Gewässer gemäß § 43 Abs. 1 BbgWG (z. B. das Baden, Tauchen oder Viehtränken) wird durch diese Allgemeinverfügung nicht eingeschränkt.
    2. Die Untersagungen durch diese Allgemeinverfügung gelten nicht, wenn in wasserrechtlichen Erlaubnissen anderslautende Regelungen zur Entnahme im Niedrigwasserfall (z. B. Begrenzungen der Entnahmemengen) getroffen wurden.
    3. Die Einhaltung der Allgemeinverfügung wird durch die untere Wasserbehörde überwacht. Zuwiderhandlungen können gemäß § 103 Abs. 1 Nr.1 i. V. m. § 103 Abs. 2 WHG mit einer Geldbuße von bis zu 50.000,- Euro geahndet werden.

    Rechtsbehelfsbelehrung

    Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Oberbürgermeister der Stadt Cottbus/Chóśebuz, Neumarkt 5 in 03046 Cottbus, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Abs. 2 VwVfG, schriftformersetzend nach § 3a Abs. 3 VwVfG und § 9a Abs. 5 des OZG oder mündlich zur Niederschrift zu erheben.
    Ein Widerspruch gegen diese Allgemeinverfügung entfaltet aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches kann gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beim Verwaltungsgericht Cottbus, Vom-Stein-Straße 27, 03050 Cottbus beantragt werden.
    Falls der Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung in elektronischer Form erhoben wird, sind die besonderen Voraussetzungen des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) zu beachten. Informationen sind unter www.erv.brandenburg.de (Verwaltungsgericht Cottbus) aufgeführt. Eine einfache E-Mail genügt diesen Anforderungen nicht (eine Erhebung per E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur ist aufgrund von § 4 Abs. 1 ERVV nicht möglich).

    Cottbus/Chóśebuz, 26.06.2025

    gez. Doreen Mohaupt
    Bürgermeisterin, Geschäftsbereichsleiterin Stadtentwicklung, Mobilität und Umwelt

    Die Allgemeinverfügung der Stadt Cottbus/Chóśebuz vom 26.06.2025 zur Untersagung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs von Oberflächengewässern, veröffentlicht auf https://joerg.neucottbus.de/niedrigwasser wird widerrufen.
    Die Allgemeinverfügung der Stadt Cottbus/Chóśebuz vom 23.06.2025 zur befristeten Einschränkung des Eigentümer- und Anliegergebrauchs und von wasserrechtlich erlaubten Entnahmen aus Oberflächengewässern, veröffentlicht auf https://joerg.neucottbus.de/niedrigwasser wird widerrufen.
    Die Entnahme von Wasser aus Oberflächengewässern mittels Pumpvorrichtung wird in der Zeit von 08.00 bis 20.00 Uhr untersagt.

    Diese Allgemeinverfügung erstreckt sich über das Stadtgebiet Cottbus/Chóśebuz.